Montessori-Pädagogik A bis H


Altersmischung

In Montessori-Einrichtungen wird altergemischt gearbeitet. Im besten Fall umfasst eine Altersmischung drei Jahrgänge. In der Schule werden Kinder nach Jahrgängen eingeschult, daher spricht man hier auch von "Jahrgangsmischung". Das Zusammenleben / und -arbeiten von Kindern verschiedenen Alters unterstützt in hohem Maße das soziale Lernen. Hier fällt als erstes "helfen und sich helfen lassen" ein. Die Kinder lernen aber auch "warten" oder "sich-durchsetzen" bzw. "Rücksicht nehmen" und "Rücksicht erfahren". Sie durchlaufen verschiedene Phasen des Lernens und Arbeitens: Zuerst sind sie "Anfänger" (Lehrling), dann "Fortgeschrittener" (Geselle) und dann "Experte" (Meister) - jedes Kind befindet sich mal in einer diesen Phasen und je nach Kind darf diese Phase auch kürzer oder länger sein. Es ist immer wieder schön, wenn Schulanfänger in eine bestehende Gruppe kommen, begierig schauen, was die "Großen" machen und schon ein Jahr später genau die gleiche Rolle einnehmen können.

 

Das Lernumfeld muss ausreichend differenziert / vorbereitet sein um der großen Spannbreite der Kinder gerecht zu werden. (Schon jahrgangshomogene Klassen fordern uns Lehrerinnen / Lehrer zu guter Differenzierung heraus.) Kinder beobachten sich gegenseitig beim Lernen, entdecken Materialien mit denen sie auch gerne arbeiten würden, haben die Möglichkeit, immer wieder an eine bestimmte Arbeit zugehen (sei es aus Freude oder weil die Arbeit noch nicht ausreichend verstanden wurde) und der Pädagoge kann sich gut dem einzelnen Kind zuwenden.

 

Weder leistungsstärkere noch leistungsschwächere Kinder müssen im gleichen Wagen fahren sondern können sich die Nischen suchen, die sie brauchen um sich weiterzuentwickeln.


Drei-Stufen-Lektion

Erste Stufe: Vorstellen des Materials

Dem Kind werden bestenfalls zwei bis vier neue Begriffe vorgestellt (z.B. der Einer, Zehner, Hunderter und Tausender des Goldenen Perlenmaterials). Ich benenne das Material (einzeln und deutlich voneinander getrennt), gebe es dem Kind in die Hand und lasse es auch mal den Begriff nachsprechen. (Wichtig: Hier nie nach dem Begriff fragen, sondern deutlich machen, dass nachgesprochen wird: "Kannst du das auch mal sagen - Einer?!") Das Kind "erfährt" den neuen Begriff, das neue Wort (auch Wortlektion genannt) und erfreut sich am Material.


Zweite Stufe: Vorgestelltes Material zeigen lassen, wegbringen und holen lassen

In dieser Stufe werden durch verschiedene kleine Spielchen die neuen Begriffe gesichert. Auch in dieser Stufe wird vom Kind nicht die Benennung gefordert!

  • Bring-/Holspiele - "Bringe den Zehner zur Fensterbank" / "Bringe den Einer deiner besten Freundin." / "Lege den Tausender unter das Regal!" ... "Hole nun den Einer." / "Hole den Tausender." ... Dieses Spiel wird solange gespielt, bis die Begriffe gesichert sind.
  • "Zeige mir ..."- Ich nenne einen der eben gelernten Worte und lasse es mir vom Kind zeigen. Hier ist es wichtig, dass die Materialien (wenn möglich) zunächst in ihrer Ordnung liegen - z.B. hier beim Goldenen Perlenmaterial liegen die Perlen von rechts nach links wie folgt: Einer, Zehner, Hunderter, Tausender."
  • Augen-zu-Spiel - Ich fordere das Kind auf, die Augen zu schließen und bringe die Ordnung durcheinander. Erneut soll das Kind zeigen, wo z.B. nun der Tausender ist.

 

Dritte Stufe: Vorgestelltes Material benennen lassen

Erst in dieser Phase wird das Kind aufgefordert, die neu gelernten Materialien zu benennen. Wieder liegt das Material in der ursprünglichen Ordnung. Ich zeige auf z.B. den Tausender und frage: "Was ist das?". So verfahre ich mit allen neu gelernten Begriffen. Auch hier folgt als Sicherung das Augen-zu-Spiel und das Kind benennt die Materialien auch in ungeordnetem Folge. Eine Variante bei diesem Spiel ist es auch, einen Gegenstand wegzunehmen und das Kind zu fragen: "Was fehlt?" Auch hier muss das Kind benennen.

 

Gelingt es dem Kind nicht in der dritten Stufe das Material zu benennen, muss zurück zur zweiten Stufe gegangen werden.

 


Fehlerkontrolle

In ihrem Buch "Das kreative Kind" spricht Maria Montessori davon, "dem Fehler gegenüber ein freundschaftliches Verhalten an den Tag zu legen und ihn als einen Gefährten zu betrachten, der mit uns lebt und einen Sinn hat" (Barbara Stein in: Handlexikon der Montessoripädagogik (Hrsg. Ulrich Steenberg), Münster: 2007, S. 86f). Noch zu häufig erfährt das Kind, dass ein Fehler etwas schlechtes ist. Dabei kann der Fehler genau das Gegenteil bewirken: Das Kind merkt, dass es ggf. etwas noch nicht so gut beherrscht und dass es dort noch Übung bedarf. Die Möglichkeit der selbstständigen Fehlerkontrolle gibt dem Kind so die Möglichkeit selbst zu erkennen, wo Fehlerschwerpunkte liegen - was weitaus motivierender ist, als wenn das durch den Pädagogen "rot" gekennzeichnete Heftchen zurückkommt.

 

Die selbstständige Fehlerkontrolle beginnt bei der Bewegungsanalyse bestimmter Vorgänge (z.B. Schleife binden), geht über die gegebenen Fehlerkontrollen des Materials (z.B. beim Schlangenspiel) bis hin zu selbst gestalteten Kontrollhefte zu verschiedensten Materialien.

 

Barbara Stein spricht von der "mechanischen Fehlerkontrolle" (Zylinder passen nicht in Öffnungen), der "Vervollkommnung einer Tätigkeit in der wiederholten sachgerechten Übung" (z.B. steht der Rosa Turm, auch wenn die Kuben in falscher Ordnung aufeinander gesetzt sind, wird aber durch den Vergleich mit dem kleinsten Kubus korrigiert), der "Fehlerkontrolle durch Vergleich der eigenen Arbeit mit entsprechenden Vorlagen" (Kontrollheftchen), der "Fehlerkontrolle durch erziehende Personen" (hier kommt das Kind und möchte die Bestätigung des Pädagogen - wichtig hier ist es darauf zu achten, dass sich das Kind nicht der etwas aufwändigeren Arbeit des selbstständigen Kontrollierens entziehen will) sowie der "Fehlerkontrolle durch Kooperation mit anderen Menschen" (in der Jahrgangsmischung gehört es zum Alltag, dass sich die Kinder auch untereinander helfen). (Barbara Stein in: Handlexikon der Montessoripädagogik (Hrsg. Ulrich Steenberg), Münster: 2007, S. 87ff)

 


Freie Wahl der Arbeit